16. Brandenburger Energieholztag – Neue Aspekte der Energieholznutzung im Klimawandel und Stellenwert im Energiemix
Abstand, Hygiene und Mundnasenschutz dominierten auch den 16. Brandenburger Energieholztag (EHT) am 27. August 2020 in Bloischdorf. Corona bedingt konnten die Veranstalter 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Branchentreffen der Brandenburger Energieholzbranche in Präsenz begrüßen. Trotz der Beschränkungen waren sich die Organisatoren der von der IHK Ostbrandenburg koordinierten Energietechnologieinitiative Brandenburg (ETI) sowie der Wirtschaftsregion Lausitz, dem Landschaftspflegeverband Spree-Neiße e.V. und der Technischen Hochschule Wildau einig, dass die Vorträge und die anschließend sehr rege angenommene Podiumsdiskussion zeigen, wie sich die Nutzung von Holz für die Wärme- und Energiegewinnung in den letzten Jahren entwickelt hat und welchen Beitrag sie für die Zukunft spielen könnte.
Mike Lange von der Technischen Hochschule moderierte durch den Tag und betonte bereits bei der Eröffnung der Veranstaltung, dass sich die Branche in ihrer aktuellen Entwicklung aber auch politisch in einer schwierigen Lage befände, es aber durchaus gute Ansätze und gute Praxisbeispiele immer wieder bewiesen, dass die Energieholznutzung sinnvoll sein kann und gerade in ländlichen Räumen auch einen wirtschaftlichen Faktor einnimmt.
Klaus Schwarz, Mitbegründer der Veranstaltung gedachte dem kürzlich verstorbenen Franz Krautsack, der in und für die Region insbesondere zum Thema Kurzumtriebsplantagen sehr aktiv war und somit auch maßgeblich in den Anfangsjahren an der Gestaltung des Energieholztages mitwirkte.
Harald Altekrüger, Landrat im Spree-Neiße-Kreise, lobte in seinem Grußwort die Veranstaltungsreihe als wichtigen Transfer zwischen Wirtschaft, Wissenschat und Gesellschaft. Der Austausch neuer Erkenntnisse aus der Forschung seien wichtig für das Handeln der Branche.
Sabine Blossey, Referentin im Brandenburger Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz(MLUK) informierte zu den aktuellen Arbeitsständen und den Rahmenbedingungen rund um die Energieholznutzung im Land. Im September erwartet Brandenburg erste Entwürfe für die neuer EEG-Novelle. Ob und wie die Nutzung von Holz für die Energiegewinnung dann noch profitiert, ist offen. Es ist zu erwarten, dass Biomasse an sich auch weiter im Ausbaupfad vorhanden ist, aber der Stellenwert gegenüber dem Ausbau z.B. von Photovoltaik und Windenergie eher gering sein könnte.
Im Land Brandenburg hat das Wissenschaftsjahr der Bioökonomie dazu geführt, dass Bioökonomie und Nachhaltigkeit zukünftig eine wichtigere Rolle im Brandburg spielen werden. Dazu wurde kürzlich im Ministerium ein gleichnamiges Referat gegründet. Nachhaltiges Wirtschaften und biobasierte Wertschöpfungs- und Produktionsketten stehen auf der Agenda. Das MLUK hat dazu jüngst die Broschüre „Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg. Biobasierte Wertschöpfung – regional und innovativ“ herausgegeben. Bioökonomie und Nachhaltigkeit sind die Begriffe, in der sich auch die Energieholznutzung in Zukunft wiederfinden könnte.
Klaus-Peter Schulze (CDU), Mitglied des Bundestages sieht den Strukturwandel in der Lausitz (Stichwort Ausstieg aus der Kohle) in enger Verbindung mit den stetigen Anstrengungen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und gleichzeitig als Chance für die Region und Brandenburg. Auch er betonte, Veranstaltungen wie der EHT als Anlaufstelle für Wissenschaft und Politik zum regionalen Austausch über die Herausforderungen für eine nachhaltige Energie- und Wärmebereitstellung dienen.
„Klimwandel ist da und schafft Fakten“. Dies war einer der Sätze von Dr. Frank Wechsung, der am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zum Thema Klimawandel und seinen regionalen Auswirkungen forscht. Der Klimawandel sei auch in Brandenburg bereits massiv eingetroffen und das schneller als selbst die Wissenschaft mitgerechnet hätte. Er sieht die Nutzung von holzartiger Biomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung als Brückentechnologie bis mindestens zum Ende des kompletten Ausstiegs aus der Kohle. Beispielhaft nannte er hier auch die Nutzung von Stroh oder anderer Biomasse als Zufeuerung in Braunkohlekraftwerken. Die steigenden Preise für CO2-Zertifikate begünstigen die wirtschaftliche Nutzung von Biomasse und so könnte schon jetzt ein Stück weit beim Klimaschutz unterstützt und die Kohle schnell ersetzt werden.
Sinnvoll wird auch die Holznutzung aufgrund der aktuellen Lage an Schadholz und zum Thema Brandschutz gesehen. Hier nannte Wechsung exemplarisch die zum Teil dicht bestockten Kiefernmonokulturen am Rande Berlins, die bei einem Waldbrand auch zur Gefahr für die dicht besiedelten Gebiete der Stadt werden könnten. Soweit nicht stofflich nutzbar, könnten diese Mengen auch genutzt werden, wie es z.B. im Kraftwerk Berlin-Moabit gemacht wird, wo Hackschnitzel bereits seit längerem eingesetzt werden. Nischen, die es immer wieder geben wird und wo Energieholznutzung Sinn machen könnte. Zudem wäre eine generelle Minderung der mittleren Nutzungsintensität in der Land- und Forstwirtschaft eine Entlastung für die Region. Hier seien jedoch Versuche und wissenschaftliche Analysen z.B. mit neuen Pflanzen- und Baumarten nötig, um weitere Erkenntnisse und Erfahrungen zu sammeln.
Prof. Dr. Dirk Landgraf von der Fachhochschule Erfurt hat seinen Forschungsschwerpunkt im Bereich Kurzumtriebsplantagen (KUP). Aus Untersuchungen seines Teams präsentierte er Ergebnisse der Sortenverteilung der Pappel auf etablierten KUP und Agroforstsystemen in Deutschland. Erfasst wurden mit 3.913 ha bei den Untersuchungen flächendeckend Brandenburger Anlagen sowie weitere Anlagen aus dem Bundesgebiet (insgesamt 59% aller Flächen). Aus den Untersuchungen der Flächen und der insgesamt 35 identifizierten Pappelsorten nimmt die Sorte Max 1, 2 und 3 mit einem Anteil von ca. 68% Verbreitung bei den Pappel-Flächen eine dominante Rolle ein. Jedoch zeigt sich auch, dass die Flächen, die ihren Anbauschwerpunkt in den Jahren 2010-2015 hatten, insgesamt auf den KUP-Flächen zunehmend eine geringere Rolle spielen. Die erfassten KU-Flächen wurden hauptsächlich in den Rotationsvarianten Mini- und Midi-Rotation und auf Flächen mit einer Größe unter 8 ha angebaut. Seit 2015 ist ein Rückgang des Anbaus durch die politischen Veränderungen zu beobachten. Gleichzeitig steige durch die Erfahrungen die Effizienz bei der Nutzung von KUP-Plantagen.
Das Energieholzflächen auch einen Beitrag zur Gestaltung der Landschaft und zum Schutz von Landwirtschaftsflächen dienen kann, zeigte Dr. Christian Böhm auf. In seinem Vortrag erläuterte der Forscher der BTU Cottbus-Senftenberg, auf welchen Flächen die Anlage von Agroforstflächen besonders sinnvoll ist. Er ist auch Mitbegründer des Deutschen Fachverbandes für Agroforstwirtschaft und arbeitet in der Innovationsgruppe AUFWERTEN, in der zahlreiche Partner aus dem gesamt Bundesgebiet beteiligt sind. Die Frage, welche Flächen nun geeignet sind, soll zukünftig mit einem Tool unterstützt werden können. Zu den Zielen der Fertigstellung des „Multicriteria Evaluation Tool for the Allocation of Agroforestry Systems – META-AfS“ gehört die Quantifizierung und räumliche Zuordnung von Flächen- und Standortgemeinschaften. Eine Vielzahl von Kriterien fließen dann in die Bewertung einzelner Flächen, um die Eignung und den Bedarf als Agroforstfläche zu prüfen. Neben der Ermittlung von potentiellen Flächen wird die flächenspezifische Herausstellung von Synergien und Konflikten zwischen unterschiedlichen Schutzgütern verfolgt, verbunden mit der Entscheidungsunterstützung, ob, wie und welche Form der Agroforstnutzung positiv auf die Landschaft und die landwirtschaftlichen Flächen wirken könnte. Unter https://agroforst-info.de/meta-afs/ wird das Werkzeug vorgestellt.
Mike Lange von der TH Wildau griff das Thema Wissenstransfer aus dem Vorjahr wieder auf. Seine Kollegin Mareike Schultze und er arbeiten im EU-Projekt Baltic ForBio mit Projektpartnern aus sechs Ländern unter anderem Lehr- und Informationsmaterialien zur Bereitstellung von Waldrestholz mit dem Schwerpunkt Waldpflege aus. Dazu werden im Projekt unterschiedliche Holzerntemetoden auf Demonstrationsflächen getestet, bewertet und für die Entwicklung von Trainingsprogrammen dokumentiert. Digitale
Entscheidungswerkzeuge, die auf Basis der regionalen Daten und Analysen aufgebaut werden, unterstützen die Kostenkalkulation (Holzernte und Logistik) und die Potenzialeinschätzung der Praktikerinnen und Praktiker. Erste Tests der anvisierten Trainings wurden bereits im Sommer mit Masterstudenten der FH Erfurt in Form von Online-Vorlesungen in Deutsch und Englisch durchgeführt.
Im Herbst veröffentlicht das Projektkonsortium ein Handbuch, dass neben Erntemethoden auch Geschäfts- und Versorgungsmodelle beinhaltet. Dort flossen auch Analyseergebnisse der TH Wildau ein, was bei der Entwicklung und dem Betrieb regionaler Bioenergieanlagen zu beachten ist und welche Erfolgsfaktoren eine Rolle spielen. Auch weitere Trainings und Demonstrationsveranstaltungen sind in dem bis Anfang 2021 laufenden Projekt in Planung.
Als Good-Practice-Beispiel präsentierte sich in diesem Jahr das Schlossgut Altlandsberg. Geschäftsführer Stephen Ruebsam stellte in seinem Vortrag die Wirkung der Energieholznutzung auf Landschaftsnutzung und Tourismus in den Vordergrund. Altlandsberg ist mit seinem touristischen und regional verzahnten Angeboten für den berlinnahen Landtourismus ein beliebter Anlaufpunkt. Das Schlossgut sei bei seinem Einsatz von Technologien für Erneuerbarer Energien denkmalschutzbedingt eingeschränkt. Daher kam vor einiger Zeit die Idee, die Wärmeversorgung des Gutes mit einer Hackschnitzelheizanlage zu sichern.
Zu den Vorträgen: https://www.eti-brandenburg.de/ergebnisse-des-16-brandenburger-energieholztages/