VIGA - Virtual Instructor for General Aviation
Hintergrund
Im Vorhaben VIGA wird eines der elementaren Probleme in der Luftfahrt aufgegriffen: „Loss of Control“, d.h. es geht um den Kontrollverlust des Piloten über das Flugzeug. Kontrollverlust ist eine der Hauptursachen für Störungen der Flugsicherheit bzw. für Flugunfälle, wenn nicht sogar die Hauptursache schlechthin.
Im Jahr 2014 waren insgesamt 26.750 zivile Luftfahrzeuge aller Art in Deutschland registriert. Im Vorhaben VIGA soll das Gebiet der betrachteten Flugzeuge auf solche mit einem Gesamtgewicht bis 2 t begrenzt werden. Typische Vertreter dieser Gewichtskategorie sind einmotorige Flugzeuge unter 2 t (E-Klasse bzw. „Echo-Klasse“, wie beispielsweise Cessna 172), Motorsegler (K-Klasse, wie beispielsweise Stemme S10) und aerodynamische gesteuerte Luftsportgeräte (Ultraleichtflugzeuge, M-Klasse, wie beispielsweise Ikarus CT 42). Segelflugzeuge (7.657 Stück) fallen ebenfalls in diese Kategorie, sollen hier aber nicht betrachtet werden. Diese drei Zulassungskategorien stellen mit einer Anzahl von insgesamt 14.102 den größten Anteil der in Deutschland registrierten zivilen Luftfahrzeuge.
Dieses Segment des Luftverkehrs ist dadurch geprägt, dass die Flugzeuge teilweise relativ alt sind, lediglich über die für den Sichtflug erforderliche Minimalinstrumentierung verfügen und die Piloten häufig nur wenige Stunden im Jahr fliegen – in diesem Segment dominiert das Fliegen als Freizeitaktivität. Dies spiegelt sich auch in der Unfallstatistik wieder. Als Hauptursachen sind hier Pilotenfehler zu nennen, wobei Orientierungs- und Kontrollverluste besonders häufig die Unfallursache sind. Die offizielle Unfallstatistik der BFU weist für das Jahr 2016 in Deutschland insgesamt 19 sogenannte schwere Störungen aus. Hiervon sind 15 der Kategorie Kontrollverlust zuzurechnen, 2 der Kategorie Kollision und 2 anderen Ursachen.
So stuft auch der ICAO Safety Report 2016 Kontrollverlust im Flug (Loss of Control Inflight) als eine von drei Hochrisiko-Kategorien bei Unfällen von kommerziell genutzten Flugzeugen mit einem MTOW von über 5,7 t ein. Zusammen mit den Kategorien „Landebahnsicherheitsereignisse“ und „Kontrollierter Flug in den Boden“ bildet der „Kontrollverlust im Flug“ eine Hochrisiko-Gruppe, welche 57% der gesamten Anzahl an Unfällen im Jahr 2015 darstellte. In einem Bericht der EASA aus dem Jahr 2016 werden ausschließlich Ereignisse der Allgemeinen Luftfahrt im Zeitraum von 2011 bis 2015 ausgewertet. Auch hier wird der Kontrollverlust im Flug als der weitaus häufigste Grund für Flugunfälle angegeben.
Das Vorhaben VIGA setzt genau hier an, indem es sich zum Ziel setzt, den Piloten vor solchen Kontrollverlusten zu bewahren bzw. ihn aus solchen Situation wieder herauszuführen.
Zielstellung
Im Vorhaben VIGA soll ein Unterstützungssystem für die Allgemeine Luftfahrt entwickelt und im Flugversuch erprobt werden, dass potentielle Gefährdungssituationen frühzeitig erkennt, den Pilot im Sinne eines erfahrenen Fluglehrers rechtzeitig vor kritischen Situationen warnt und diese Gefährdungssituation zu vermeiden hilft bzw. im Falle des Eintretens einer Gefährdungssituation aus dieser Situation herausführt. Man könnte ein solches System mit einem permanenten Fluglehrer vergleichen, der auf Grund seiner großen Erfahrung die Situation umfassender analysieren kann als sein Flugschüler und diesen mit Handlungsempfehlungen anweist, was zu tun ist – ohne dass hier jedoch aktiv in die Flugsteuerung eingegriffen wird. Ein aktiv eingreifendes System würde einen ungleich höheren Gesamtaufwand erfordern, da es Bestandteil der Kernfunktionen des Flugzeuges sein müsste. Eine Nachrüstung in bestehende Flugzeuge wäre damit wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen.
Im Gegensatz zu konventioneller Instrumentierung soll durch ein Pilotenassistenzsystem dem Piloten konkret gezeigt werden, wie er das Flugzeug aus einer Gefährdungssituation heraus führen kann. Der Unterschied zu einer Instrumentierung besteht in der Verknüpfung aller verfügbaren Informationen um abgeleitet aus einer fortlaufenden Simulation eine Prognose für die unmittelbare Zukunft zu geben. Letztendlich soll das Pilotenassistenzsystem also genau das vorgeben, was ein erfahrener, gut ausgebildeter Pilot in einer solchen Situation tun würde.
Die Systementwicklung fokussiert dabei nicht nur auf die technischen Möglichkeiten sowie die Entwicklung geeigneter Algorithmen, sondern geht auch gezielt auf die Risiken der Piloten ein. Zudem besteht eine der Teilaufgaben darin, mittels neuroergonomischer Untersuchungen, die bestmögliche Mensch-Maschine-Schnittstelle zu konzipieren, um auch in Gefahrensituationen den Piloten mit Handlungsempfehlungen zu erreichen. Das Gesamtsystem erfordert eine fortwährende Erprobung. Diese erfolgt im hochschuleigenen Forschungsflugzeug JULIA (Joint Ultralight Aircraft) des Typs FA 01 Peregrine.
FörderungBereich öffnenBereich schließen
Projekttitel |
VIGA – Virtual Instructor for General Aviation |
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Richtlinie |
Stärkung der technologischen und anwendungsnahen Forschung an Wissenschaftseinrichtungen (StaF-Richtlinie) |
Fördergeber |
Land Brandenburg, Richtlinie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) |
Mittelherkunft |
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) |
Finanzierungsart |
Zuschuss |
Aktenzeichen |
85017617 |
Projektvolumen |
570.326,21 € |
Laufzeit |
01.04.2018 bis 31.03.2021 |
Ansprechpersonen:
gefördert durch