Fachkräftemangel in den Kommunen Brandenburgs
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Fachkräftemangel in den Kommunen Brandenburgs

Eine vergleichende Analyse von Ausmaß, Folgen, Ursachen und Maßnahmen

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Fachkräftemangel in den Kommunen Brandenburgs

Der Mangel an geeigneten Mitarbeitern bestimmt seit Jahren die Debatten um die Zukunft der öffentlichen Verwaltung. Prognosen sagen mittelfristig bis zu einer Million offener Stellen voraus. Die Mehrheit der Personalämter berichtet von wachsenden Problemen der Stellenbesetzung. Die Folgen für die Qualität öffentlicher Leistungen sind vielerorts bereits sichtbar und bedrohen insbesondere die Kommunen als unterste Verwaltungsebene.

Doch jenseits plakativer Zahlen und anekdotischer Beispiele liegen kaum vertiefende Untersuchungen zur Realität in den Kommunen vor. Ein Lehrforschungsseminar des Studienganges Öffentliche Verwaltung Brandenburg hat sich diesem wichtigen Thema angenommen und Antworten auf vier Fragen gesucht.

  • Wie groß ist der Fachkräftemangel und wie drückt er sich aus?
  • Was sind die Folgen?
  • Worin liegen die Ursachen?
  • Welche Maßnahmen ergreifen Personal- und Fachämter?

Diese Leitfragen wurden am Beispiel von vier Brandenburger Kommunen und vier unterschiedlichen Fachämtern sowie im Kontrast zu einem Landesministerium untersucht, um lokale Ausprägungen und Zusammenhänge und Handlungsoptionen der Akteure besser zu verstehen.

Wesentliche Erkenntnisse der UntersuchungenBereich öffnenBereich schließen

  • In den Kommunen ist Fachkräftemangel seit Jahren Realität. Er zeigt sich in offenen Stellen, weniger Bewerbungen und Abstrichen bei der Stellenbesetzung. Stellenpläne vollständig und optimal zu besetzen, ist Vergangenheit.
  • Die gewichtigste Folge ist die Mehr- und Teils Überlastung der verbleibenden Beschäftigten. Dies resultiert in Unzufriedenheit, Demotivation, Krankheit und höherer Fluktuation. Die Folgen des Fachkräftemangels sind gleichzeitig dessen Treiber.
  • Auch die Personalämter sind überlastet, da Zahl und Aufwand der Stellenbesetzungen steigen. Neue Aufgaben und Erwartungen kommen hinzu und stoßen an Grenzen in Kapazität und Qualität.
  • Die Kommunen müssen lernen, trotz des Mangels ihre Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Dafür bedarf es neuer Kompetenzen bei Führungskräften und Personalämtern. Wichtiger als einzelne Maßnahmen sind der Bewusstseinswandel und ein konzeptioneller Ansatz.
  • In den befragten Personal- als auch Fachämtern werden in erster Linie populäre Ursachen wie demografische Entwicklung, Arbeitgeberkonkurrenz anderer Behörden und unattraktives Gehalt genannt. Das eigene Stellenwachstum und die Rolle der Lokalpolitik werden noch kaum gesehen.
  • Die Personalämter schauen durchaus kritisch auf die eigenen Leistungen. Handlungsbedarfe in der Gestaltung des Arbeitgeberimages, moderner Rekrutierung, des Onboardings oder flexibler Arbeitsbedingungen sind erkannt.
  • Bei den Führungskräften wächst das Bewusstsein für wertschätzende Führung, Flexibilität und Mitarbeiterbindung.
  • Die bisherigen Maßnahmen scheinen eher situativ. Bestimmte Themen sind populär (z.B. Recruiting, Onboarding, Image). Finanzielle Flexibilität ist eher einzelfallbezogen. Home-Office ist primär Folge der Pandemie. Die Öffnung für Quereinsteiger ist notgedrungen und zieht einen höheren Aufwand in der Einarbeitung nach sich.
  • Bestimmte Fachaufgaben sind aus sich selbst unattraktiv, da sie fachlich kompliziert und wenig Home-Office kompatibel sind, schwierige Kundenkontakte bergen und die Fallzahl sprunghaft wächst. Hier tritt ein Fachkräftemangel fast zwangsläufig auf.
  • Der Fachkräftemangel baut einen Modernisierungsdruck auf, den frühere Phasen von Managementreformen oder Haushaltskrisen nicht erreichen konnten. Er wird zum eigentlichen Transformationstreiber der Verwaltung. Diese Modernisierungen kommen allen Beschäftigten zugute.
  • Die Kommunen sollten in einem ersten Schritt die Ursachen des Problems in den höchst betroffenen Fachämtern aufdecken und daraus einzelne Maßnahmen im Kontext der eigenen Möglichkeiten und Erfolgsaussichten ableiten.

Die Untersuchungen müssen zukünftig auf andere Fachämter ausgedehnt werden, da diese sehr unterschiedliche Konstellationen bergen. Vor allem aber müssen die kleinen Gemeinde- und Amtsverwaltungen in den Fokus rücken, denn diese sind den größten Risiken ausgesetzt.

Die Technische Hochschule Wildau ist in den vergangenen Jahren ein wichtiges Zentrum für die Ausbildung von Nachwuchskräften als auch für Forschung und Begleitung der Behörden geworden. Lehrforschungsseminare sind ein Format, die Kompetenzen der Studierenden zu nutzen und auszubauen und Mehrwert für die Verwaltung zu schaffen. Der Umgang mit dem Fachkräftemangel wird hierbei ein Schwerpunkt sein.


    Prof. Dr. rer. pol. René Geißler

Prof. Dr. rer. pol. René Geißler Prof. Dr. rer. pol. René Geißler